FAQ und Regeln für ein respektvolles Miteinander

Zusammenfassung: 


Da wir ein Safe(r) Space für alle trans Menschen sein möchten, gibt es ein paar einfache Regeln für die zwischenmenschliche Kommunikation, die sicherstellen sollen, dass alle trans Menschen sich sicher, angesprochen und gut aufgehoben fühlen. Dazu gehört die Verwendung korrekter Namen und Pronomen sowie bestenfalls die Verwendung geschlechtsneutraler Sprache für allgemeine Aussagen. Die Beachtung dieser Grundsätze ist extrem wichtig, da die Gesellschaft trans Menschen leider häufig durch bestimmte Sprachverwendungen, binäre Denkweisen oder sogar aktiver Gewalt ausschließt und an den Rand der Gesellschaft drängt (was auch Marginalisierung genannt wird). Natürlich muss die Verwendung geschlechtsneutraler Sprache oder Neopronomen geübt werden. Diese Übung ist jedoch wichtig, um langfristig binäre Denkweisen (nicht nur über Geschlecht) in der Gesellschaft aufzubrechen und dies auch in der Sprache zu reflektieren.


Wir sind natürlich alle nicht perfekt und uns allen passieren Fehler – entscheidend ist, wie wir mit Fehlern umgehen. Wenn jemand trotz aller Bemühungen ein falsches Pronomen oder einen falschen Namen benutzt und von anderen korrigiert wird, bezieht sich diese Korrektur stets auf das Verhalten der Person und nicht auf die Person selbst. Wenn Fehler passieren, entschuldigen wir uns kurz, korrigieren das Gesagte und sprechen ohne großes Aufsehen weiter. Ausführliche Entschuldigungen bringen die geschädigte Person in die unbequeme Lage, die Entschuldigung sofort annehmen zu müssen oder das Fehlverhalten zu minimieren, à la “kein Problem, passt schon…”.

Deshalb: kurze Korrektur und weiter geht’s.


Was bedeutet trans? (und cis)


Trans (von lat. Präfix trans = jenseits, über hinaus) ist eine Abkürzung von transgender und bezeichnet Menschen, die sich ihrem bei Geburt zugewiesenem Geschlecht nicht oder nicht ganz zugehörig fühlen. Menschen, die sich dagegen ihrem zugewiesenem Geschlecht durchaus zugehörig fühlen, werden als cis (von lat. Präfix cis = diesseits) bezeichnet. 


Trans(gender) ist ein Adjektiv und wird nicht als Nomen benutzt. Wir sprechen also von trans Menschen und nicht, wie leider häufig in den deutschen Medien zu sehen ist, von “Transgendern”. Oft wird auch der Begriff “transsexuell” verwendet, dieser ist jedoch veraltet und problematisch. Manche trans Menschen benutzen ihn dennoch als Selbstbezeichnung, was natürlich respektiert werden sollte. Darüber hinaus sollte ein anderer Mensch jedoch niemals als “transsexuell” oder “Transexuelle/r” bezeichnet werden.


Trans fungiert als ein Überbegriff und schließt eine große Vielfalt an Menschen ein: solche, die sich als binär weiblich oder männlich identifizieren; solche, die sich als nicht-binär identifizieren; solche, die hormonell und/oder operativ ihr Aussehen verändern; und solche, die das nicht tun. Trans-sein besteht also allein aus der Selbstidentifikation und wird nicht durch eine soziale und/oder medizinische Transition bestimmt.


Die mediale Berichterstattung über trans Identitäten ist leider sehr häufig auf mehreren Ebenen problematisch. Oft werden nur trans Frauen und Männer erwähnt und die Existenz von nichtbinären Personen ignoriert; oft sind Beiträge sehr voyeuristisch und reduzieren trans Menschen auf ihre Genitalien; oft wird von Leidenswegen, Schicksalen und dem “Leben im falschen Körper” gesprochen. Jedoch kommt das Leiden vielmehr von transphoben Gesellschaftsstrukturen und unwissenden oder böswilligen Mitmenschen. Trans Menschen sind auch nicht im “falschen Körper geboren”, sondern möchten diesen zum Teil eben an die eigene Identität anpassen – der Körper bleibt derselbe, auch wenn er vielleicht mit der Zeit anders aussieht und anders interpretiert wird.


Trans-sein selbst kann unglaublich befreiend und von Glück und Stolz geprägt sein! Neben der Marginalisierung und Gewalt und Dysphorie, die trans Menschen durchaus erfahren und die keineswegs minimiert werden sollen, ist es genauso wichtig, Gender-Euphorie, die tiefen Verbindungen zwischen trans Menschen untereinander (t4t) und die gemeinsame Kraft unserer Stimmen hervorzuheben und zu feiern.


Im deutschen Aktivismus wird trans oft mit Sternchen geschrieben (trans*), um zu verdeutlichen, dass es sich um einen übergreifenden Begriff für mehrere verschiedene Identitäten handelt. Wir sind der Meinung, dass der Begriff trans diese Vielfalt auch ohne explizite Sichtbarmachung durch das Sternchen beinhalten sollte und verzichten daher in diesem Text auf das Sternchen.


Was hat es eigentlich mit diesem "zugewiesenen Geschlecht” auf sich?


Um diese Frage zu beantworten, muss ein bisschen ausgeholt werden. Innerhalb der Geschlechterforschung wird zwischen biologischem Geschlecht (englisch: sex) und Geschlechtsidentität (englisch: gender) unterschieden. Das biologische Geschlecht bestimmt medizinisches Fachpersonal bei der Geburt eines Kindes; die Geschlechtsidentität kann entweder mit dem zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen (der Mensch ist cis) oder nicht (der Mensch ist trans). 


Die zeitgenössische Geschlechterforschung weiß mittlerweile, dass sowohl biologisches Geschlecht als auch Geschlechtsidentität ein soziales Konstrukt sind und nicht auf natürlichen, prädiskursiven (d.h. nicht gesellschaftlich verhandelten) Realitäten beruhen. Anders gesagt: es gibt verschiedene Körper mit verschiedenen anatomischen, hormonellen, chromosomalen Merkmalen – wie wir diese Körper interpretieren, ist jedoch sozial konstruiert.


Wie wir heutzutage Körper interpretieren hat sich historisch gewandelt: im späten 19. Jahrhundert entstanden in verschiedenen Forschungsfeldern, die sich mit der Erforschung des Menschen auseinandersetzten, bestimmte rassistische, sexistische und behindertenfeindliche Auffassungen über Körper. Diese Auffassungen beeinflussen noch heute, wie Körper als zum Beispiel männlich oder weiblich interpretiert werden und dieser Interpretation weitere Wertungen auferlegt werden. Diese Normen haben sich gesellschaftlich im Denken so sehr festgesetzt, dass die Kategorisierung von Menschen anhand bestimmter äußerlicher Merkmale automatisch erfolgt. 


Da diese Normen für viele Menschen, die ihnen nicht entsprechen können oder möchten, schädigend und verletzend sind, möchten wir diese automatische Kategorisierung aktiv verlernen und stattdessen anderen Menschen möglichst frei von Wertungen begegnen. Das bedeutet nicht nur, trans Menschen zu respektieren, sondern generell auch ein selbstbestimmtes Leben und das Recht, über den eigenen Körper entscheiden zu können, zu befürworten und eine klare Haltung gegen Sexismus, Rassismus, Klassismus, Queerfeindlichkeit und Behindertenfeindlichkeit zu zeigen.


Was bedeutet INTA? 


INTA steht für intersex, nonbinary/nichtbinär, trans, und agender. 


Intersex ist genau wie trans ein Adjektiv und bezeichnet Menschen, die bei Geburt oder später im Leben nicht eindeutig als männlich oder weiblich kategorisiert werden können. Meist wird dies an äußeren anatomischen Merkmalen festgelegt – allerdings können auch innere Organe, Chromosomen und Hormonzusammensetzungen manchmal nicht als eindeutig “männlich” oder “weiblich” interpretiert werden. Intersex Neugeborene wurden bis vor Kurzem häufig operiert, um ihre äußere Anatomie dem Bild einer “männlichen” oder “weiblichen” Anatomie anzupassen. Seit 2021 ist dies jedoch in Deutschland verboten. Menschen, die nicht intersex sind, werden als endo bezeichnet.


Nonbinary/nichtbinär ist ebenfalls ein Adjektiv und bezeichnet Menschen, die sich nicht (ausschließlich) als Mann oder Frau identifizieren. Nonbinary ist genau wie trans ein Überbegriff und schließt viele Identitäten ein, wie zum Beispiel genderfluid und genderqueer (Geschlechtsidentität ist nicht stabil), bi- oder trigender (Zwei- bzw. Dreigeschlechtigkeit), demigirl (überwiegend, aber nicht ausschließlich Frau), demiboy (überwiegend, aber nicht ausschließlich Mann), oder agender (keine Geschlechtsidentität). 


Die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bezeichnungen verläuft fließend; entscheidend ist, mit welcher Bezeichnung ein Mensch sich am wohlsten fühlt. Manche Menschen verwenden lieber nur einen spezifischen Begriff für ihre Geschlechtsidentität, andere identifizieren sich auch mit den Überbegriffen wie nonbinary oder trans. Manche möchten sich auch gar nicht in eine Kategorie einordnen. Generell gilt: Die (nicht-)Benennung der eigenen Geschlechtsidentität liegt ganz bei der individuellen Person und ist immer zu respektieren. 


Namen und Pronomen 


Manche trans Personen (nicht alle) wechseln im Laufe ihres Lebens den Namen und/oder die Pronomen, um ihre Geschlechtsidentität besser ausdrücken zu können. Manchmal passiert dieser Wechsel auch mehrmals, was zum Beispiel daran liegen kann, dass eine Person verschiedene Optionen ausprobieren möchte, um die passende zu finden, oder dass sich die Geschlechtsidentität im Laufe der Zeit ändert. Manche Menschen lassen diesen Wechsel offiziell auf ihren Dokumenten neu eintragen, manche aus verschiedenen Gründen nicht.


Die Verwendung des richtigen Namens (egal ob offiziell eintragen oder nicht) und der richtigen Pronomen ist bei allen Menschen (egal ob trans oder cis) die Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander. Die Verwendung des früheren Namens einer Person wird als “deadnaming” bezeichnet; die Verwendung falscher Pronomen oder falscher Geschlechtsbezeichnungen als “misgendering”. Sowohl deadnaming als auch misgendering sind Formen von Gewalt – auch, wenn sie aus Unwissen oder Versehen passieren. Der Wechsel von Namen und Pronomen mag etwas Übung erfordern, aber es hilft, sich vor Augen zu führen, dass wir selbst schließlich auch nicht ständig mit einem falschen Namen angesprochen werden möchten.


Nichtbinäre Personen benutzen häufig Neopronomen, also neugebildete Pronomen, um dem binären Geschlechterkonstrukt innerhalb der deutschen Sprache auszuweichen. Ein häufig verwendetes Neopronomen ist dey/dem/deren, welches sich an das Englische they/them/their anlehnt, oder auch dey/denen/deren.


Ein Beispiel zur grammatikalischen Verwendung: “Alex kommt gleich. Dey hat mich gebeten, deren Tasche schon mal mitzunehmen. Ich gebe sie dem nachher.” Oder: “Ich gebe sie denen nachher.” Eine Alternative ist auch, statt eines Pronomens einfach den Namen der Person zu benutzen: “Alex kommt gleich. Alex hat mich gebeten, Alex’ Tasche schon mal mitzunehmen. Ich gebe sie Alex nachher.” Wer sich bei der Verwendung von Neopronomen unsicher ist, kann die Person bitten, die grammatikalische Verwendung genauer zu erklären.


Nicht alle nichtbinären Personen nutzen Neopronomen und manche benutzen sowohl binäre als auch neutrale Pronomen, zum Beispiel sie oder er und dey. In dem Fall wechselt man die Pronomen einfach ab. Die Nutzung von verschiedenen Pronomen hat generell keinen direkten Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität und dem Aussehen eines Menschen, deshalb ist es immer gut, nach den Pronomen einer Person zu fragen, egal wie eine Person aussieht. Am besten stellt man sich einfach zuerst selbst mit Namen und Pronomen vor.


Wie funktioniert genderneutrale Sprache? 


Wenn wir die Allgemeinheit ansprechen oder allgemeingültige Aussagen treffen möchten, nutzen wir am besten genderneutrale Sprache. Während die Verwendung des generischen Maskulinums (z.B. “jeder, der möchte”) die Allgemeingültigkeit des männlichen Geschlechts annimmt, halten auch Formulierungen, welche das Femininum einschließen (z.B. “jeder und jede, der oder die möchte), ein binäres Geschlechterkonstrukt aufrecht. Meist ist eine genderneutrale Formulierung sogar einfacher (z.B. “alle, die möchten”).


Bei der Ansprache bestimmter Personen sollte die Sprache selbstverständlich das richtige, spezifische Geschlecht ausdrücken. Ein Mann ist somit ein Sänger, eine Frau eine Sängerin, eine nichtbinäre Person eine singende Person. 


Es gibt verschiedene Methoden, um genderneutrale Sprache zu implementieren; der Grundgedanke dahinter ist immer die achtsame Verwendung von Sprache zur Abbildung aller Geschlechter. Viele Tipps und Beispiele zu genderneutraler Sprache finden sich hier: https://www.amka.de/genderneutrale-sprache


Was bedeutet behindert? Was bedeutet neurodivergent? 


Als behindert werden Menschen bezeichnet, die aufgrund bestimmter körperlicher und/oder psychischer Funktionen nicht in dem Umfang an der Gesellschaft teilnehmen können wie nicht-behinderte Menschen. Behinderung kann durch gesellschaftliche Strukturen erfolgen (z.B. Gebäude, die nicht mit einem Rollstuhl navigiert werden können; Veranstaltungen, die nicht in Gebärdensprache übersetzt werden), wird aber manchmal auch direkt durch die körperlichen und/oder psychischen Funktionen der Person erfahren (z.B. chronische Schmerzen). Die Abwertung behinderter Menschen nennt sich Ableismus (von engl. able = fähig, also die Bevorzugung “fähiger” Menschen); Behinderungen sind jedoch als neutrale Variation des menschlichen Körpers zu sehen, dessen Bedürfnisse genauso wichtig sind, wie die eines nicht-behinderten Körpers. 


Als neurodivergent werden Menschen bezeichnet, deren neurobiologische Funktion von der “typischen” abweicht. Neurodivergenz ist genauso wie Behinderung eine neutrale Variation der Funktionen des menschlichen Gehirns (deshalb wird auch von Neurodiversität gesprochen). Innerhalb unserer Gesellschaft werden neurodivergente Menschen jedoch oft benachteiligt. Neurodivergente Menschen sind zum Beispiel autistisch, haben ADHS, Legasthenie, Trisomie 21, oder das Tourette Syndrom. Viele neurodivergente Menschen verstehen sich auch als behindert.


Die Wahrscheinlichkeit, dass INTA Menschen behindert und/oder neurodivergent sind, ist übrigens höher als bei cis-endo Personen. Deswegen ist es uns so wichtig, besonders auf die Bedürfnisse von behinderten und neurodivergenten Menschen zu achten.


Was ist ein Safer Space?


Safe Space bedeutet auf Englisch “sicherer Ort”. Weil marginalisierte Menschen oft Bedrohungen und Ausschluss von der Gesellschaft erfahren, möchten wir einen Ort bereitstellen, an dem diese Menschen sich möglichst sicher sein können, dass sie keine solche Gewalt erfahren. Weil ein Ort vermutlich niemals vollständig sicher für alle sein kann (schließlich machen wir alle Fehler), wird oft von einem Safer Space, also einem Ort, der immerhin sicherer als die breite Gesellschaft ist, gesprochen. In einem Safer Space gilt vor allem Achtsamkeit, also sich der Diversität der anwesenden Menschen und ihrer Bedürfnisse bewusst zu sein und sich entsprechend respektvoll zu verhalten.


Wenn ihr Fragen zu diesen Begriffserklärungen oder anderen Themen rund um trans habt, recherchiert vertrauenswürdige, trans-affirmative Quellen im Internet oder meldet euch bei uns. 


Lese- und Guckempfehlungen: